Struktur und Status der Evolutionstheorie (Hauptseminar WS 2009/10), Ankündigung
"Variation", "Deszendenz", "Gradualismus", "Divergenz" und "Selektion" sind Schlagworte, mit denen die "fünf Theorien der Evolution" (Ernst Mayr) charakterisiert werden können. Wie aber hängen sie zusammen? Offensichtlich besteht die Evolutionstheorie, die zentrale Theorie der Biologie, aus mehreren, nur locker miteinander verbundenen deskriptiven und explanativen Teilen. Anhand der wissenschaftstheoretischen Literatur der letzten Jahrzehnte soll die Struktur der Theorie im Seminar näher beleuchtet werden. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht dabei ihr theoretischer Kern, die Selektionstheorie. Behandelt werden sollen u.a. der Vorwurf der Tautologie (also der Fitnessbegriff), die logische Struktur der Theorie (ihre Axiomatisierbarkeit und modelltheoretische Rekonstruktion) und die Frage nach den Ebenen der Selektion (»egoistische Gene« und »Gruppenselektion«). Auch die Grenzen der Theorie und das Verhältnis von natürlicher und kultureller Evolution sollen diskutiert werden: Hat sich der Mensch von den Prinzipien der biologischen Evolution befreit? Ist Kultur als biologische Anpassung zu verstehen?
Literatur
- Sober, E. (1984). The Nature of Selection. Evolutionary Theory in Philosophical Focus. MIT Press, Cambridge, Mass. [CC 3700 S677 N2]
- Lloyd, E.A. (1988/94). The Structure and Confirmation of Evolutionary Theory. Princeton University Press, Princeton, N.J. [CC 3700 L793; auch in ZB: Nat Di 246]
- Okasha, S. (2006). Evolution and the Levels of Selection. Clarendon, Oxford. [online im HU-Netz]